”Barfuß über den Nil”Große Doku über SUP-Trip auf dem Nil jetzt in der Mediathek

Andreas Erbe

 · 15.09.2022

”Barfuß über den Nil”: Große Doku über SUP-Trip auf dem Nil jetzt in der MediathekFoto: Torsten Schulze
Die längst vergangene ägyptische Hochkultur verfolgt einen auf dem Nil bei jedem Paddelzug

Kalaschnikow im Nacken - Pharaonen vor Augen: Tim Kruse und Torsten Schulze paddelten 1200 Kilometer auf dem Nil. Ein Trip zwischen Militärüberwachung, freundlichen Menschen, verdrecktem Fluss und monumentalen Zeugen der Menschheitsgeschichte.

Tim Kruse, Buchautor, Journalist und SUP-Abenteurer und Torsten Schulze, Filmemacher und Event-Organisator haben bereits gemeinsam einige außergewöhnliche SUP-Touren hinter sich. Unter anderem paddelten sie den Jakobsweg in Nordspanien auf der Wasserseite. Tim hat auch schon den Rhein und die Donau mit dem SUP-Brett bezwungen. Ende Februar brachen Torsten und Tim zu ihrem bisher größten Abenteuer auf. In vier Wochen wollten sie den Nil auf einer Strecke von 1200 Kilometern durch Ägypten bis zum Mündungsdelta im Mittelmeer durchpaddeln. Mit dabei, ein Filmteam, das eine Doku über die Reise für die Serie „Reisehelden“ im SWR produzierte.

Im Interview mit SUP-Mag berichtet Torsten über den Paddel-Trip auf dem Nil

Wie kamt ihr auf die Idee, den Nil herunter zu paddeln?

Schulze: Tim hat der Fluss schon immer fasziniert und er meinte, es sei sicher ein einmaliges Erlebnis, praktisch durch die Wiege der Menschheit und an den Pharaonengräbern entlang des Nilufers zu paddeln. Er konnte die Filmproduktion „Streetsfilm“ für das Projekt begeistern.

Wolltet ihr mit dem Trip eine bestimmte Botschaft vermitteln?

Ursprünglich nicht. Aber als ich gesehen habe, dass im Nil der Müll entsorgt wird, aber die Menschen sich auch darin waschen und sogar aus dem Fluss trinken, habe ich mich entschlossen, die NGO Very Nile – die Fischer dafür bezahlt, Plastikmüll aus dem Nil zu sammeln – zu unterstützen. Durch die Verschmutzung können sie ihrem eigentlichen Beruf nicht mehr nachgehen. Der Müll wird dann in Kairo in einer Fabrik zu Taschen, Mützen und Portemonnaies verarbeitet. Ich habe mich in Kairo mit den Leuten von Very Nile getroffen.

Foto: Torsten Schulze

Was waren die größten Probleme in der Vorbereitung?

Die Probleme hatte in erster Linie die Produktionsfirma. Insgesamt dauerte die Vorbereitung fast ein halbes Jahr. Ein Mitarbeiter ist extra zehn Tage vor dem Trip nach Kairo geflogen und hat täglich bis zu acht Stunden auf den Ämtern verbracht, um die Genehmigungen zu bekommen. Ägypten hat eine Militärregierung und so muss man auch in jeder Region wieder auf die Genehmigungen des Befehlshabers dort hoffen. Außerdem warnte man uns grundsätzlich vor der Reise, weil in manchen Regionen auch bewaffnete Clans das Sagen haben.

Was waren dann auf der Tour die größten Herausforderungen?

Da wir nun mit offizieller Genehmigung unterwegs waren, wusste der Geheimdienst und das Militär überall Bescheid und wir wurden permanent von Booten begleitet. Unsere handgeschriebene Genehmigung sagte aus, dass wir nur in angemessenen Unterkünften übernachten durften und auch nur Orte besuchen durften, die für westliche Besucher angemessen erschienen. An einem Tag durften wir nicht in einer 400.000 Einwohner Stadt nächtigen, weil es dort angeblich keine adäquate Übernachtungsmöglichkeit für uns gab. Wir sind dann in einem Mannschaftswagen zurück zum Ausgangspunkt der Etappe geshuttelt worden und mussten dort übernachten. Unseren Plan, auch im Zelt am Ufer zu übernachten, mussten wir aufgeben. Nur einige Nächte ging das, und da mussten dann die armen Soldaten mit ihren Kalaschnikows im Freien übernachten und auf uns aufpassen. Im Nildelta haben wir uns dann Schiffe gemietet oder auf Nil-Kreuzfahrtschiffen übernachtet. Immer begleitet von bewaffneten Soldaten, die teilweise noch Kinder waren. Die waren alle wahnsinnig nett und wir haben viel mit ihnen gelacht, obwohl wir uns nicht verstehen konnten.

Am Ufer des Nils zu campen, so hatten sich Tim und Torsten ihre Tour vorgestellt. In der Realität ließ das Militär die Freiheit nicht zu.Foto: Paul Hartmann/ Streetsfilm
Am Ufer des Nils zu campen, so hatten sich Tim und Torsten ihre Tour vorgestellt. In der Realität ließ das Militär die Freiheit nicht zu.

Militär-Überwachung und Ägyptologen

Was hat dich auf der Tour am meisten beeindruckt?

Zwei Dinge: Einmal die unglaubliche Freundlichkeit der Menschen. Jeder war an dir interessiert, vom Ufer aus wurden wir immer wieder zum Tee eingeladen, da war nichts aufgesetztes, das war einfach toll. Das zweite war, die ägyptische Kultur hautnah zu erleben. Unser Dolmetscher war gleichzeitig Ägyptologe – wir nannten ihn nur Professor – und er konnte uns die über 4000 Jahre alten Bauwerke mit einer unglaublichen Begeisterung näher bringen. Das zu erfahren, war einfach faszinierend.

Gab es skurrile Begebenheiten?

Einmal gelang es uns, unseren Militärbewachern zu entkommen und in eine Stadt zu laufen. Ein Mann hat uns auf seinem Dreirad mit zu einem Supermarket genommen und immer gerufen, ‘Schaut, ich habe Europäer dabei‘. Am Ende waren wir von 80 Kindern umringt und wurden bestaunt wie Außerirdische.

Würdest du den Trip noch mal machen?

In der Form nicht. Ich bin ein freiheitsliebender Mensch und hatte gehofft, nachts am Ufer zu schlafen und in den Himmel zu schauen. Das ging mit der Militärüberwachung gar nicht. Und auch auf einem Fluss zu paddeln der teilweise voll Müll ist und in dem tote Tiere treiben, kann ich keinem empfehlen. Ich werde aber sicher noch einmal mit meiner Familie nach Ägypten kommen und mit ihnen die Kulturdenkmäler besuchen.

Der Trailer zum Film:

Für weniger abenteuerlustige Paddler gibt es allerdings auch im schönsten Teil des Nils komplett geführte, und komfortable Touren. Infos gibt es bei Kathrin Borgwardt von der Kiteschule Darß.