Auf der gleichen Wellenlänge: Die Zwillinge Mario und Manuel Stecher haben sich dem SUP Abenteuer verschrieben und ziehen gemeinsam los, um ihre Passion zu leben.
In dem Thriller Der Dritte Zwilling von Ken Follett verläuft die Handlung etwa so: Es gibt zwei identische Männer, die, wie es sich bald herausstellt, eigentlich keine Zwillinge, sondern geklont sind. Allerdings sind die Kerle zeitgleich in so viele Vorfälle verwickelt, dass man irgendwann feststellt: es muss noch einen dritten Zwilling geben. Aber nicht genug. Letzten Endes gibt es etwa sechs gleichaussehende, geklonte Männer.
Auch für "nur" ein Zwillingspaar haben Mario und Manuel Stecher in den letzten Jahren so viele SUP-Abenteuer, Expeditionen, Flussabfahrten, Reisen, Rennen und See-umrundungen auf die Beine gestellt, dass man meinen könnte, sie seien ebenfalls eine halbe Fußballmannschaft.
Im vergangenen Winter ist das lokale Fernsehen auf die Stecher-Eskapaden aufmerksam geworden und hat die beiden beim Fließwasser-SUP gefilmt. Mit Eiszapfen im Bärtchen lassen sich die 33-jährigen Brüder anscheinend am liebsten ablichten, sieht man das breite Grinsen in den Gesichtern. Kurz vorm Zähneklappern erzählen die Allgäuer von ihrer Liebe zum SUP – vor allem Wildwasser und Wellenreiten – aber auch über Wandern in den Bergen. "Deeply in love with my country!!" schwärmte Manuel unlängst auf Facebook, angesichts einer schneebedeckten Landschaft vorm Grünten-Gipfel im Allgäu.
Das sind Typen, die man gern als "naturverbunden" bezeichnet. In einem eigenen Kurzfilm "Winter SUP" gleiten sie beinah synchron über glasklare Bergseen in ihrer Heimatregion. Und sie rutschen auch zur Abwechslung auf einem SUP-Board den Hang runter. Ihre Idee ist es, das ganze Spektrum von dem Sport darzustellen, der allzu oft nur mit Beach und Bikini in Verbindung gebracht wird. "Wir sind keine Profisportler. Wir wollten, dass die Leute sehen, wo wir herkommen, deswegen haben wir im Allgäu gedreht", sagt Manuel.
Etwa eine halbe Autostunde wohnen sie voneinander entfernt, in Kaufbeuren und Kempten, jedoch werden die Stecher Twins praktisch immer als eine Einheit wahrgenommen. Scheinbar unbewusst wechseln sie selbst beim Erzählen zwischen "ich" und "wir". Gelegentlich fällt auch ein "ich/wir" im Gespräch.
Mario war ambitionierter Kitesurfer, bis ein schwerer Unfall ihn auf ein SUP-Brett als Reha-Maßnahme zwang. Die erste Seeumrundung unternahm er 2013, alleine um den Bodensee. Inzwischen ist er Fluss-Spezialist geworden und hat es sich zur Aufgabe gemacht, alle bayerischen Flüsse auf dem SUP zu erkunden. Bei der Deutschen SUP Wildwasser-Meisterschaft 2015 auf der Saalach in Lofer, Österreich, holte Mario den Titel.
Früher war Manuel mit Herz und Seele Mountainbiker. Nun ist Surfen die große Leidenschaft – Wellenreiten mit oder ohne Paddel – und Fluss-Surfen. "River Wave" nennt man das, wo man in einer rollenden Flusswelle mehr oder weniger auf der Stelle surft. Auf der Münchner Eisbachwelle sind die Zwillinge Stammgäste. Montags trifft man sie meist dort an, gern auch bei Minusgraden.
Gerade durch Aufmerksamkeit in den Medien könnten auch weniger geübte Sportler ähnlich Verrücktes versuchen. "Wir werden manchmal für ziemliche waghalsige Aktionen kritisiert. Es finden sich halt immer Nachahmer für jede Aktion", sagt Manuel. "Es ist wie bei allen Sportarten, wenn man sie beherrscht, sieht es leicht aus, aber es birgt gewisse Risiken." Dann fügt er hinzu. "Wir haben alles in ,learning by doing’ angeeignet. Wir sind selber Nachahmer!" Allerdings fühlen sich die Stechers nicht als Extremsportler, die sich einem hohen Risiko aussetzen, wie beispielsweise beim "Basejumping oder Cliffdiving". Und gerade bei Wildwasser-SUP haben sie Respekt vor der Gefahr, betont Mario. "Klar habe ich hinsichtlich Fluss einige Fehler gemacht, aber ich versuche mich langsam hochzutasten. Ich habe auf zahmen Wiesenflüssen angefangen, erst dann langsam andere Flüsse wie die Loisach angegangen, welche andere schon lang gepaddelt sind."
Beide beteuern, dass es keinen Konkurrenzkampf zwischen ihnen gibt, aber Ansporn ist es schon, wenn man einen Zwillingsbruder hat. "Wenn der eine was kann, dann ist der andere bestrebt, das zu lernen", so Manuel. Selbstredend stimmt Mario ihm zu: "Klar willst du dasselbe Niveau schaffen und tust was dafür. Wir pushen uns gegenseitig." Das Trainingspensum beinhaltet SUP, Surfen, Krafttraining, Schwimmen, Radfahren oder Laufen oder "irgendetwas" an fast jedem Tag in der Woche.
Natürlich freuen sich die Stecher Twins, dass sie dank Partner und Sponsoren die Kosten ihrer Abenteuer zumindest teilweise abdecken können. Mario grinst. Sich ganz dem Sportlerleben zu widmen und davon zu leben ist jedoch nicht das Ziel. Jedem gefällt sein Beruf. Manuel ist Krankenpfleger, Mario arbeitet mit Suchtkranken.
Mit Training, Durchhaltevermögen, und ein wenig Planung kann jeder Ungewöhnliches erreichen, ist ihre Botschaft. "Es gibt viel zu erleben und es gibt viele Ausreden etwas nicht zu machen", sagt Manuel. "Manchmal braucht man einen Arschtritt, aber jeder kann was bewirken. Geht raus und erlebt einfach mal was."
Im Übrigen hatte Krimiautor Follett schon früher ein Kinderbuch über ein umtriebiges Duo geschrieben: Die Power Zwillinge. Passt genauso.
Stecher SUP-Chronik
• 2013: • Umrundung des Chiemsees, 80 km in 11,5 Stunden (Mario) • Umrundung des Bodensees, 160 km in drei Tagen (Mario) • 2014: • Umrundung des Gardasees für die Rettung der Delfine, 160 km in 28,5 Stunden Paddelzeit (zusammen mit Arnd Dünzinger & Andy Dressler)