Dimitri Lehner
· 22.09.2022
Der Österreicher Michi Schweiger ist die Graue Eminenz bei der Marke Naish und lebt auf Maui. Wir sprachen mit ihm über Wassermänner, Haie, endloses Surfen, Board-Design und Monsterwellen.
Das war 2004. Dave Kalama und Laird Hamilton sind damals auf Tandem-Surfboards die Küste runter gepaddelt. Manchmal war auch ihr Freund Loch Eggers dabei. An einem Tag – ich war gerade am Camp One Beach und testete Windsurfboards – da landete Loch nach solch einem Downwinder am Strand und sagte zu mir: „Probier’ doch mal mein SUP aus!“
Ziemlich kippelig, denn Loch verwendete ein Wellenreit-Longboard; SUPs gab es noch nicht. Trotzdem fand ich es so witzig, dass ich bald darauf unserem Shaper Harold Iggy vorschlug, ein eigenes SUP zu bauen.
Groß. 12 Fuß lang, doch nur 25 Inches breit. Also auch ’ne ziemlich wackelige Angelegenheit. Als wir Freunde darauf stellten, fielen sie ins Wasser. Unser erstes Serienboard machten wir dann breiter, es kam 2007 auf den Markt und es war ein guter Allrounder. Auf dem hatten dann alle Spaß.
In Kauai oder an den Außenriffen. Da wo niemand ist. Das ist leicht geworden, denn die meisten gehen nicht mehr SUPen. Die SUP-Szene auf Maui schrumpft.
Auf Maui wollen die Leute Wellenreiten. Andere Disziplinen sind spannender geworden. Prone Foilen und Wingfoilen zum Beispiel. Oder viele kehrten zurück zum klassischen Wellenreiten. Nur auf der Südseite im Flachwasser ist SUP noch eine große Nummer.
Das glaub’ ich gar nicht. Das hängt eher damit zusammen, dass Wellenreiter und SUPler schlecht zusammen passen. Mit dem SUP ist es so easy, Wellen zu kriegen. Daher paddelten plötzlich Leute in der Brandung rum, die dort eigentlich nix verloren hatten und sich mit ihrem Verhalten unter Wellenreitern keine Freunde machten. Doch der Hauptgrund ist, dass viele jetzt vom Foilen fasziniert sind. Das ist neu, das ist hipp und Foilen besitzt die gleiche Faszination wie SUP.
Du kommst von den anderen Leuten weg, kannst an abgelegenen Spots surfen und Wellenreiten, die zum klassischen Surfen nicht taugen.
Downwinden mit dem Foil ist ein irres Erlebnis. Du reitest eine Welle für 30 Minuten – endless Surfing! Ja, ich sehe Foil-SUP als Evolution des SUP – das wird noch eine spannende Zukunft.
Ich benutze mein normales Foilboard, mit dem ich auch Wingfoilen gehe. Es besitzt 95 Liter Volumen und ein High-Aspect-Foil. Ich paddle damit in Maliko Bay raus, wenn es windig ist. Dann kommt die Initialzündung: Mit einer guten Paddeltechnik pumpe ich mich aufs Foil. Bin ich einmal oben, kann ich den Windswell die ganze Küste runter abreiten.
Wenn ich keinen Fehler mache, reißt die Strömung nie ab und ich foile ich die ganzen 15 Kilometer durch.
Immer dann, wenn ich die einzelnen Windswells miteinander verbinden muss. Da helfe ich mit dem Paddel nach oder ich pumpe das Foil mit den Beinen. Meist pumpe ich mehr als dass ich paddle.
Kann er. Doch er muss sich richtig reinhängen. Meine ersten Runs waren mühsam, weil ich vielleicht zwei Mal aufs Foil kam und dann nur für 20 Meter. Doch das reichte aus, um mich zu begeistern. Mit der Zeit wurden die Foil-Strecken immer länger. Ich hab’ 10 Runs gebraucht, dann konnte ich bereits lange Strecken auf dem Foil surfen.
Super – ein irres Gefühl! Du fliegst übers Wasser die Küste runter. Mir macht das enorm viel Spaß.
Wenn du keinen Herzinfarkt kriegst beim Anpaddeln (lacht), dann eigentlich nix. Denn du hast ein Board mit genug Volumen und ein Paddel. Du kannst also jederzeit an Land paddeln.
Verrückt, ich weiß. Der Hai hat das Foil vermutlich für einen Fisch gehalten. Doch der Hai ist sofort abgehauen als er merkte, dass das Foil nicht schmeckt. Nein, ich habe keine Angst vor Haien – ich steh’ ja auf dem Board.
Das ist so ein Mode-Begriff, den jeder anders auslegt. Für mich ist ein Waterman jemand, der Respekt fürs Meer hat, schwimmt, surft, taucht, windsurft, paddelt ... was auch immer und sich nicht kategorisieren lässt.
Natürlich. Waterman ist doch kein Adelstitel wie König, Graf oder Baron.
Nach meiner Definition nicht.
Nein, denn Jaws ist mir viel zu voll. Wenn Jaws bricht, tummeln sich dort alle. Das ist wie auf dem Jahrmarkt. Ich geh lieber woanders hin.
An die Außenriffe. Auf Maui oder Oahu. Dort habe ich schon ähnlich hohe Wellen mit dem SUP gesurft.
Das hilft, verhindert Panik und stärkt das Selbstbewusstsein. Für große Wellen musst du dich mental und körperlich vorbereiten. Ich trainiere das und kann daher auch unter Stress die Luft lange anhalten.
30 Meter. Mein tiefstes war 45 Meter. Da geht’s eigentlich erst los im Freediving. Mit der richtigen Atemtechnik lernst du das ziemlich schnell.
Na klar. Die erste, die mir in den Sinn kommt ist Andrea Moller. Sie ist eine der Top-Frauen in Jaws. Sie foilt, windsurft, paddelt – sie hat das Race „Molokai to Oahu“ einige Mal gewonnen. Doch auf Maui gibt es eine ganze Waterwomen-Szene.
Kai ist im Meer aufgewachsen und besitzt die richtige Mentalität: Er will immer besser werden. Das treibt ihn an. Sein Vorteil: Er hat viele Wassersportarten gelernt und verbindet sie. Das Gefühl für Speed hat er z.B. beim Windsurfen gelernt und er überträgt es aufs Wellenreiten. Das hilft ihm in großen Wellen.
Was Robby in seinem Leben erreicht hat, ist schwer zu überbieten. Das ist jetzt eine andere Zeit.
Kai hat im SUP-Racing und SUP-Wellenreiten viele Standards gesetzt. Im Racing: Connor Baxter und in Europa Casper Steinfath. Was Abenteuer und Ausdauer betreffen, beeindruckt mich Bart de Zwart.
Nein. Das wäre mir viel zu anstrengend. Ich habe zwar schon 12 Mal beim Race „Molokai to Oahu“ mitgemacht, doch die Distanz ist für Bart eher ein Sprint (lacht).
Du querst den Kaiwi Channel, übersetzt: Knochen-Kanal, denn der Pazifik ist hier beinhart. Der Channel ist angeblich eine der wildesten Meeresengen der Welt. 42 Kilometer mit Strömungen und riesigen Dünungswellen. Da brauchst du eine gute Strategie und das richtige Mindset.
Da fährst du um Bojen und durch die Brandungszone durch. Beide Rennen sind hart, doch ich mag Open-Ocean-Rennen, denn das ist mehr ein Kampf mit dir selbst als gegen andere und du bist weit draußen auf dem Meer.
Nur so lange bis er es selbst ausprobiert hat. Das geht den Leuten ja heute noch so: erst skeptisch, dann begeistert. Gerade in Europa hat Robby als SUP-Botschafter dazu beigetragen, dass der Sport so populär wurde.
Nein. Darüber hab’ ich gar nicht nachgedacht. Es hat mir Spaß gemacht, und ich war mir sicher, dass es vielen anderen Leuten auch so gehen würde. Es steckt nicht in meiner DNA, zu sagen: „Wir müssen das jetzt machen, denn das wird ein großes Business.“
Die Boards verkaufen sich am besten, mit denen die meisten Menschen Spaß haben. Allen voran natürlich die Inflatables.
Ja, so war es. Doch das liegt in der Natur des Menschen. Statt selbst besser zu werden, greift man lieber zu einem radikaleren Board. Dabei ist das Limit der Sportler selbst. Ich sage: lieber mehr Boardvolumen und genügend Breite und das beherrschen, als ein schmales Mini-Board und damit rumtaumeln. Du solltest gemütlich drauf stehen können, um in Ruhe die Wellen anzupaddeln. Ich sehe oft Leute auf zu kleinen Boards. Die Hälfte der Zeit fallen sie ins Wasser und erwischen keine Wellen. Kein Wunder, dass das frustriert.
Das kommt auf die Disziplin an. Doch ein gutes Board ist ein gutes Board, auch wenn es ein paar Jahre alt ist.
Stimmt. Das ist baugleich wie ganz am Anfang, vor mehr als 12 Jahren. Es fährt gut und ist universell einsetzbar. Es gibt keinen Grund, da was zu ändern.
Inflatables haben den Vorteil, dass sie in einen Rucksack passen, doch den Nachteil, dass sie ein Inflatable sind. Ein Aufblas-Board ist nicht so direkt wie ein Composite- Board und der Shape ist nicht garantiert wie bei einem Composite-Board. Das muss dir bewusst sein. Twist sollte in der Qualitätskontrolle aber bemerkt werden. Doch manchmal stellt sich Twist auch später erst ein. Meist ist er ein kosmetisches Problem.
Das hängt von dir ab. Stellst du es zusammengeknickt für zwei Jahre in die Garage und pumpst es dann wieder auf, kann es sein, dass es dir auseinander fällt.
Wenn du es eine längere Zeit nicht benutzt, ist es am besten, es leicht aufzublasen. Dann gibt es keine Knicke.
Diese Anbieter kommen nicht aus der Wassersport-Szene. Sie profitieren von der Produkt-Entwicklung, die wir und die anderen Marken machen, sparen sich den Vertrieb und wählen meist Konstruktionen, die billiger sind.
Zuerst orientierte man sich an Kanu-Paddel. Da sind die Blätter sehr groß. Am Anfang sind wir die Paddel auch sehr lang gefahren. Das diktiert dir die Frequenz. Je länger das Paddel, desto langsamer dein Paddelschlag. Doch mit der Evolution des Sports wurden die Paddel immer kürzer, die Frequenz höher und deswegen die Paddelblätter kleiner. Casper Steinfath z.B. hat seine Paddel immer weiter gekürzt, um so schnell paddeln zu können, dass er sein Board in Sprints zum Gleiten bringt. Das wäre mit einem langen Paddel nicht möglich, weil du zu lange brauchst, um es wieder nach vorne zu schwingen. Kurze Paddel sind auch ergonomischer.
Ist dein Paddel zu lang, überstreckst du die Schulter. Du hebst den Arm über die Horizontale, was die Schulter langfristig schädigen kann.
Die High-Aspect-Foils werden besser. Dadurch kannst du früher gleiten und stehst stabiler auf dem Foil.
Windsurflehrer am Gardasee, Worldcup-Windsurfer, Board-Entwickler auf Hawaii - Michi Schweiger liebt das Wasser und richtet sein Leben voll darauf aus.
Ha ha, ich glaube, mein ganzes Leben ist davon geprägt, was ich machen wollte. Nämlich: im Wasser sein. Und all die Sportarten lernen, die mir jetzt am Herzen liegen. Das war die treibende Kraft und deswegen ist alles gekommen, wie es gekommen ist.
Vielleicht, vielleicht auch nicht. Damals habe ich nix geplant, nur gemacht, was mir Spaß macht. Der Rest ist Sturheit, Hingabe und der Trieb, das zu machen, wofür mein Herz schlägt. Das geht den meisten so in unserer Szene. Sie haben Wege eingeschlagen, die du nicht in der Schule lernen kannst.
Und wie! Wenn ich nach einem guten Tag auf dem Wasser mit meinem Freund Mike Eskimo zusammen sitze, sagen wir oft: „Super, dass wir hier gelandet sind. Wir leben an einem schönen Ort und wissen noch immer, wie man das Leben intensiv erleben kann.“
Ja, das ist es. Solange du kein Paddel verwendest, das zu lang ist.