InterviewDanny Ching

Interview: Danny ChingFoto: Michael Brauch
Interview: Danny Ching

Danny Ching ist im SUP-Racing nahezu unschlagbar. Nach seinem großen Erfolg im "Fastest Paddler on Earth"-Sprint im Sommer 2014 am Brombachsee, hatte sup-mag.de, gemeinsam mit drei Nachwuchpaddlerinnen die Gelegenheit zu einem interessanten Interview.

Foto: Stephan Gölnitz

Kids: Wann hast du angefangen zu paddeln?Danny Ching: Ich habe angefangen als ich zehn Jahre alt war. Das heißt, ich habe mit Rennen angefangen als ich zehn Jahre alt war. Gepaddelt habe ich schon vorher. Mein Vater bildete damals ein Outrigger-Team. Mit fünfzehn habe ich olympische Kajak-Sprint-Disziplinen gefahren. Mit dem ganzen Programm drumherum, ich schaffte es fast bis ins "World Team". Ich bin jetzt 31 und fahre Rennen seit 21 Jahren und paddle seit 26 Jahren. Dazu bin ich mit dem Surfen groß geworden. Deshalb war es ganz, ganz einfach zu sagen "Yeah!", als jemand fragte "kannst du auch stehend paddeln?"

Kids: Wann kam dann das Stand-Up-Paddling dazu? Das war 2009, also vor 5 Jahren. Mit meiner ganzen Erfahrung aus dem Paddeln zuvor, ich bin Weltmeister im Outrigger, Weltmeister im Drachenboot, "national champion" im Kajak-Sprint. sup-mag.de: Erinnerst du dich noch an deinen ersten Kontakt mit einem SUP? Ja klar. Ein sehr guter Freund, Russel von Ohana Boards, überzeugte mich, ein Rennen zu fahren. Es war ein Racewochenende mit einer Kurzstrecke und einer Langstrecke. Also bin ich auf der Kurzstrecke mal auf dem SUP gestartet und nur Langstrecke auf dem Outrigger. Ich dachte erst, ich wäre hinten, weil ich nur fünfter war. Aber ich war der erste auf 12’6'’, alle anderen waren auf Unlimited Boards (Red.: Unlimited Boards sind länger als 12’6’’ und damit naturgemäß deutlich schneller und eine eigene Boardklasse). Diese Jungs auf den Unlimited haben sich mit den Outriggern gematcht und ich habe gedacht "diese Leute schlagen mich hier, ich hasse dieses Board, das ist das schlechteste, was ich je gepaddelt bin". Da haben die anderen gesagt "Hey, die fahren in einer ganz anderen Klasse. Deren Boards sind doppelt so lang wie deins und du hast sie fast geschlagen." Ich hatte es da einfach noch immer nicht verstanden "Ja, aber er hat mich doch geschlagen, er ist doch da, zehn Yards vor mir." Die anderen fanden das richtig gut, ich hatte da noch nicht richtig kapiert (lacht).

  Hanna, Laura, Danny, JulieFoto: Michael Brauch
Hanna, Laura, Danny, Julie

sup-mag.de: Beim Outrigger gibt es keine unterschiedlichen Klassen? Es gibt den Einer, wenn zwei Paddler drauf sitzen ist das ein Zweier, dann gibt es noch Surfski. sup-mag.de: Gibt es eine Boardklasse, die du bevorzugst? Ja klar (lacht)! Unlimited – die sind einfach schneller. Je länger die Boards werden, umso wichtiger wird auch die Paddeltechnik, "distance per stroke" zum Beispiel (Red.: Pro Schlag zurückgelegte Strecke) – worin ich sehr gut bin – wird zum Vorteil. Bei 12’6’’ ist das kein Vorteil, du machst einfach einen Schlag mehr. Je kürzer die Boards werden, umso größer wird der Vorteil im Gegenzug dann, je fitter und stärker du bist. Und jetzt, da ich älter werde und gegen die Jungen fahren muss, mag ich das nicht unbedingt (lacht)! sup-mag.de: Im Moment scheint dein Vorsprung aber auch so noch für ein paar Jahre zu reichen? Ich habe gelernt, dass ich nicht alle Rennen gewinnen kann. Ich muss auswählen. Auch weil ich älter werde, benötige ich länger für die Erholung. Und ich benötige auch mehr Vorbereitung um "ready" zu sein. Als ich in Connors oder Zanes Alter war, konnte ich nach so einem Event nächste Woche wieder racen, sagen "Let’s go"! Jetzt sage ich "wir sehen uns in einem Monat".

  Danny Ching nach dem Fabellauf über 200 Meter am Brombachsee 2014Foto: Stephan Gölnitz
Danny Ching nach dem Fabellauf über 200 Meter am Brombachsee 2014

sup-mag.de: Was tust du für die Erholung? Ich nehme mir viel Ruhe und mache das überwiegende Training auf dem Outrigger. Ich kann nicht so viel Stand-Up-Paddeln, weil es zu anstrengend für den Körper ist. Wenn ich nur SUP trainiere, muss ich zu lange Pausen machen. Jedesmal wenn du trainierst, machst du deinen Körper müde, aber du wirst nur schneller, wenn du auch ausruhst. Auf dem Outrigger kann ich schneller trainieren und mich aber auch besser wieder erholen. Wenn es näher auf SUP-Rennen zugeht, trainiere ich auch mehr auf dem SUP Board. Meine Vorteile sind daher zum einen meine Technik und, dass ich viel auf dem Outrigger trainiere. Da kann ich viel trainieren, mich schnell erholen und bin dann wieder da. Wenn du diese Möglichkeit nicht hast, fehlt etwas. Ich kann so auch noch extra trainieren. Crosstraining machen, kann härter trainineren, öfter und mich erholen.

  Danny und ConnorFoto: Stephan Gölnitz
Danny und Connor

sup-mag.de: Kannst du uns die Geheimnisse deiner Technik-Vorteile verraten? Auf jeden Fall. Ich sage es ja jedem, aber keiner hört zu (lacht). Ich habe Jahre um Jahre in den verschiedenen Paddelsportarten gelebt. Die Technik ändert sich: von damals, als ich zehn war, dann als ich 15 wurde, wieder mit 20. Es geht dabei vor und zurück. Was sich nie ändert: Du musst dein ganzes Paddel ins Wasser stechen – bevor du ziehst. Die meisten von uns – vor allem wenn wir müde werden – machen das nicht. Wir schwingen nach vorne, richtig schnell, dann runter und zurück und erst wenn wir dabei runterkommen, greift das Paddel. Aber selbst wenn du bis hier nach vorne gekommen bist (Red.: Danny gestikuliert sehr weiten "reach") und das Paddel ist noch in der Luft, dann bringt das nix. Wenn das Paddel dann ins Wasser geht, dann beginnt es erst hier an zu arbeiten. Die meisten verschwenden dabei den wichtigsten Teil des Stroke ganz am Anfang. Sie drehen das Paddel, was der beste Teil des Stroke ist, sie verschwenden das am Anfang. Der Trick ist: Du stichst das Paddel ein, baust Speed auf – und drehst es dann. Die meisten haben es gehört, die meisten wissen es – aber die meisten machen es nicht. Im Sprint am Ende der Langstrecke kannst du sehen, dass ich eine niedrigere Stroke Rate habe, aber ich hole das Maximum aus jedem Stroke heraus. Wenn ich die halbe Schlagfrequenz wie Connor paddeln kann, kann ich mithalten. Das Problem ist, dass Connor eine Menge mehr Strokes machen kann als ich (lacht). Er ist jung und fit. Selbst wenn er mal zurückschwingt und das Wasser nur streift, kann er eben meine Stroke Rate verdreifachen. Es ist für mich beängstigend, das bei einem Jüngeren zu sehen. Ich hoffe, er bemerkt das nicht.

Foto: Michael Brauch

sup-mag.de: Wenn du heute 10 Fahrer beobachtest, siehst du 10 verschiedenen Techniken. Wie soll ein Einsteiger ins Racing "seinen" Style finden? Jeder hat seinen Style. Wenn du jetzt härter und stärker paddelst, geht irgendwann die Technik verloren. Du musst die Balance finden, wo deine Technik und deine Fitness am besten zusammen passen. Wenn du zu hart rangehst, ist deine Technik mies und du wirst nicht schnell. Lässt du es gemächlich angehen, ist deine Technik perfekt, aber du wirst auch nicht schnell. Irgendwo in der Mitte ist der richtige Punkt. Das ändert sich aber im Verlauf eines Rennens, Das ist am Start anders als in der Mitte und wiederum anders als am Ende.

sup-mag.de: Du hast gesagt, du wählst die Rennen mehr aus. Was war deine Motivation hier her zu kommen? Das Event hat seit Jahren den Ruf, das größte und beste Event in Europa zu sein. Mit den besten Teilnehmern und der besten Orga. Ich möchte hier außerdem auch meine Marke 404 aufbauen. sup-mag.de: Wenn du jemandem raten solltest "Das ist das Event, wo du einmal im Leben gewesen sein musst", welches wäre das? Battle of the Paddle! Sie machen da so eine tolle Arbeit in allen Belangen des Races. Es ist nicht nur ein Race, es ist ein "Event". Leute kommen aus der ganzen Welt nach Südkalifornien. Es ist so Besucher-freundlich angelegt. Es ist das einzige Rennen, das ich auf der Welt gesehen habe, das von allen Boardherstellern, von allen Racern unterstützt wird. Kein Rennen ist perfekt, aber das ist so nah dran, wie es nur sein kann. Auch wenn andere Rennen, wie das Lost Mills, ebenfalls näher kommen. Ich würde am liebsten zehn solcher Events im Jahr sehen. sup-mag.de: Das war schöne Werbung für Kalifornien, wo du auch herkommst. Auch wenn einige denken, du kommst von Hawaii. Ich habe nie auf Hawaii gelebt. Ich bin dort nur hingereist. Ich bin in der Outrigger-Szene aufgewachsen und die besten Outrigger-Paddler, die ich kannte, kamen von Hawaii. Dann bin ich dort Rennen gefahren und habe gelernt, dass die besten Paddler von Tahiti kommen. Als ich Jugendlicher war, war George Cronstaedt einfach der Größte, der beste Paddler der Welt. Jetzt hier mit ihm zu racen und zu wissen, dass er mich kennt, mit ihm befreundet zu sein, das ist ziemlich cool. Das lustige ist, dass ich in meiner Paddelkarriere immer aus Kalifornien kam, bis ich besser wurde, schneller, da wurde ich plötzlich plötzlich auch mal als Hawaiianer gesehen (lacht). Obwohl ich nie dort gelebt habe. Aber ich habe viel Zeit dort verbracht, ich habe viele Freunde dort. Und es ist ein Kompliment, als Hawaiianer eingeschätzt zu werden, weil das Paddelniveau dort so hoch ist. sup-mag.de: Hast du eine Trainingsgruppe? Ja, ich habe ein Outriggerteam bei uns. Ich coache das Männerteam, das sind etwa 150 Paddler. Die Frauen, etwa weiter 100 Paddler, haben ihren eigenen Trainer. Bis vor etwa zwei Jahren habe ich auch das Kinderprogramm gecoacht. Für Kids von 10 bis 18 Jahre, das sind 150 bis 200 Paddler. sup-mag.de: Wie sieht eine typische Trainingswoche bei dir aus? Es gibt keine "typische" Trainingswoche. Ich fahre 140 Meilen Roundtrip drei Tage in der Woche für 404 und Hippo Stick. Bin im Büro oder achte drauf, dass das Business läuft. Vorher trainiere ich früh morgens mit meiner Frau im Outrigger in einer großen Gruppe Paddler. Dann gehen wir laufen, oder ins Gym, dann Frühstück, sie fährt um 9.30 dann zur Arbeit. Ich fahre dann auch. Sie ist für 12 Stunden weg, ich fahre 70 Meilen, erledige meine Arbeit, komme zurück und coache dann die ersten Kids um halb vier. Das dauert zwei Stunden. Dann zwei, drei Stunden mit den Erwachsenen. Das ist ein typischer Tag vielleicht, aber manchmal mache ich das so an sieben Tagen die Woche, manchmal nur einmal. Wenn du deine eigene Firma hast, gibt dir das eine gewisse Flexibilität. Aber jedesmal, wenn ich nicht hin fahre, weiß ich, es gibt irgendwas, warum ich nächste Woche unbedingt hin muss.

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Foto: Stephan Gölnitz

sup-mag.de: Deine eigene Boardmarke ist 404. Wofür steht der Name? Ich startete die Company mit meinem Parter Creg Jensen, er hat die Hälfte, ich die Hälfte. Er ist Ex-Professional Surfer. Wir konnten uns aber nicht auf einen Namen einigen. Er ist alt und hatte schreckliche Namen. Ich war jung und hatte ebenfalls schreckliche Namen. Wir konnten uns nicht einigen. So haben wir einige Namen ins Internet eingegeben und immer wieder kam ein "404: error; cannot be found". Da haben wir gedacht, wenn wir keinen Namen finden, nehmen wir halt eine Nummer. Er sagte "vielleicht" und sein Sohn, Luke Jensen sagte "wir nehmen 404, guckt euch das Logo an" und er entwickelte sofort ein Logo. Wir wollten unsere Freunde fragen "mal sehen, ob ihnen das gefällt". Da kam als Feedback: es ist eine halb hawaiianische Firma – denn die Vorwahl für Hawaii ist 808. Das ist hier so eine notorische Sache: "Ah, 808 – du rufst von Hawaii an". Greg wurde auf Hawaii geboren und ist dort aufgewachsen, aber er ist kein Hawaiianer, ich bin in Kalifornien geboren und aufgewachsen, aber ich bin nahezu halber Hawaiianer. So wurde daraus eine halb-hawaiianische Company. Das scheint zu passen. Aus Europa kam das Feedback, wenn man sagt, jemand ist "404", heißt das manchmal so viel wie er ist "lost", er weißt nicht, was er tut. Da haben wir gelacht und gesagt. "Wir haben keine Ahnung, was wir tun, das ist perfekt. Wir sind halb hawaiianisch und ahnungslos." sup-mag.de: Was sind deine Pläne für den deutschen Markt? Bisher kennen Leute hier die Marke zwar, speziell die Racer, aber die Marke war bisher nicht sichtbar am Markt. Wir haben einen deutschen Importeur und einen schweizer Importeur. Die helfen jetzt, Boards in diese Länder zu bringen. Wir haben seit diesem Jahr unsere eigene Produktionsstätte und wir haben jetzt diese wahnsinnigen 14-Fuß und 12’6’’er Boards mit 10 Kilo in Carbon. Das einzige Problem ist, dass du als Company-Eigner , wenn du die Boards kaufst, all dein Geld am Anfang des Jahres investieren musst. Daher können wir nur eine bestimmte Menge Boards kaufen. Das wichtigste, was wir jetzt lernen müssen ist: nicht zu viel zu versprechen und dann nicht zu liefern. Wenn ich auf Deutschland oder Europa schaue – wir haben nur ein gewisse Menge Boards versprochen (Red.: 2014) – nicht viele, also greif’ schnell zu. Aber kommendes Jahr (2015) werden wir mehr Boards am Start haben. Wir wollen in Europa expandieren, das ist einer der Hauptgründe, warum ich hier bin und ich hoffe, dass wir eine Menge 404-Boards nächstes Jahr hier am Start haben.

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sup-mag.de: Wo werden eure Boards produziert? Wir haben eine Custom-Linie. Das Board, dss ich heute gefahren bin, ist ein Custom Board, "made in USA". Wir haben unser eigenen Laminierer, unseren eigenen Shaper und so weiter. Unsere High-End-Boards werden dort produziert. Mit der übrigen Serienproduktion sind wir von China nach Vietnam umgezogen. Es ist etwas teuerer jetzt, aber die Qualität ist besser, die Arbeit ist besser – das Produkt ist am Ende deutlich besser. Die Qualität ist so gut, dass mein Ziel ist, Ende des Jahres mit einem Serienboard Rennen zu fahren. Wir machen eines in "Danny-Ching-Breite". Der Plan ist, ein Board zu haben, das steifer, leichter und stabiler ist als das Board, das ich heute fahre. sup-mag.de: Wenn du den Sport in Deutschland jetzt mit USA vergleichst – wie weit sind wir zurück, was können wir in naher Zukunft erwarten? In Deutschland seid ihr zwar nach Zahlen zurück, aber nicht nach der Paddel-Kultur. Es gibt bei euch auch etwas Surf-Background – keine Ahnung, woher das kommt – aber jede Menge Flat Water Background. Du kannst ja sehen, dass es jede Menge guter Paddler hier gibt. Vielleicht noch nicht so gut auf dem Standup, aber sie sind mit dem Paddeln groß geworden. Es ist ganz offensichtlich, wenn du auf dem SUP jemanden paddeln siehst, der vorher schon viel gepaddelt hat. Die Racing-Szene ist ein paar Jahre zurück, aber holt auf – und zwar sehr schnell. Das war in Kanada ähnlich, mit einem breiten Paddel-Background, wie in Deutschland. Ich bin Sprint-Kajak gefahren und ich weiß, wie schnell diese Jungs sind. Es ist keine so große Umstellung, vom Sprint-Kanu aufzustehen – ich glaube das wird in vielleicht zwei Jahren bei einigen passieren, aber ich würde mich nicht wundern, wenn es schneller geht. sup-mag.de: In Deutschland ist SUP-Racing im Vergleich zu Hawaii oder Kalifornien noch eine kleine Nische. Wir haben mehr Aktive, ihr habt die besseren Athleten (lacht). Alle unsere guten Sportler gehen zum Football oder Basketball oder sogar Eishockey - Deutschland hat wirklich viele gute Paddler. Wenn da der Wandel kommt – ich habe hier die Kids Races gesehen und die vielen Kinder, die so herumpaddeln – und ich habe Connor gesehen von 13, 14 bis jetzt – es ist kein langer Prozess, weil ihr schon den kulturellen Hintergrund vom Paddeln habt. Wenn ihr jetzt noch keinen guten Paddler hättet – ihr könnt einen Top-Paddler in vier Jahren hervorbringen.

Interview: Stephan Gölnitz

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