Tobias Frauen
· 23.05.2023
Der Zeitplan für die Konsultationen der verschiedenen Interessensgruppen zum Nationalpark Ostsee wurde bekannt gegeben. Das Thema SUP steht gemeinsam mit anderen Wassersportarten am 11. Juli auf dem Plan.
Die Unsicherheit unter den Wassersportlern vor dem Hintergrund des geplanten Nationalparks Ostsee ist groß. Viele haben Angst um ihre Spots an Küste Schleswig-Holsteins, das war auch beim Surf-Festival auf Fehmarn ein zentrales Thema. Das Unverständnis, warum ausgerechnet Freizeit-Sportler einen entscheidenden Einfluss auf den Zustand der Ostsee haben sollen, ist dabei gepaart mit der Frage: Wie ist denn überhaupt der Stand, wie geht es weiter?
Das Ministerium hat den Zeitplan für den Prozess beim Kickoff im März grob skizziert: Bis in den Spätsommer hinein sollen in Workshops Konsultationen mit verschiedenen Interessensgruppen stattfinden, in einem “Verzahnungs-Workshop” werden diese dann im Oktober/November gebündelt und bis Ende des Jahres abgeschlossen. Eine Entscheidung soll laut dem Plan des Ministeriums in der zweiten Jahreshälfte 2024 fallen.
In dieser Woche wurden die Termine für die Fachworkshops bekannt gegeben:
“Im Workshop soll ein möglichst repräsentativer Querschnitt der entsprechenden Stakeholderinnen und Stakeholder mit Bezug zur schleswig-holsteinischen Ostseeküste zu Wort kommen”, heißt es vom Ministerium. Laut der Mitteilung wurden folgende Organisationen zum Fachworkshop Wassersport eingeladen:
Windsurfer, Wingfoiler, Kiter und andere Wassersportler hatten Ende April bei einem Strategietreffen in Kiel begonnen, einen gemeinsamen, starken Standpunkt zu erarbeiten. Auch das SUP Magazin war dabei. Gespalten scheint die Wassersportgemeinde angesichts der Frage, ob ein Nationalpark generell abzulehnen sei, oder ob der Nationalpark befürwortet werden sollte, verbunden mit der Hoffnung, dass die Zugänge zu den Spots erhalten bleiben. Das Problem: Für viele Wassersportler ist der Nationalpark nach wie vor ein nebulöses Konstrukt, bei dem aktuell nicht absehbar ist, welche Spots von Schließungen überhaupt betroffen wären. Dementsprechend tun sich Teile der Wassersportgemeinde aktuell noch schwer damit, Maßnahmen zum Umweltschutz abzulehnen und sich kategorisch gegen den Park auszusprechen.
Die Gegenseite argumentiert, dass ein Nationalpark alleine den Zustand der Ostsee nicht zwangsläufig verbessert, da die großen Probleme - Nährstoffeintrag, Altlasten, Munitionsreste und der Schiffsverkehr - dadurch nicht gelöst würden. Zudem bestehe - das Beispiel des Nationalpark Wattenmeer hat es gezeigt - das Problem, dass innerhalb eines Nationalparks durch einfache Verwaltungsakte, z.B. einer Gemeinde, einzelne Spots für Wassersportler gesperrt werden könnten, z.B. wenn der Verdacht besteht, dass Sportler Vögel oder Natur stören. Den Beweis anzutreten, dass dies nicht zutrifft, wäre nahezu unmöglich und mit langwierigen Gerichtsprozessen und teuren Gutachten verbunden.
Eine ähnliche Position vertritt der Ehrenvorsitzende des VDWS, Thomas Weinhardt: “Es muss geklärt werden, ob ein Nationalpark Ostsee zu einem besseren Naturschutz beiträgt und notwendig ist oder ob es im Ergebnis zu einer massiven Nutzungseinschränkung für den Wassersport mit unverhältnismäßiger Bürokratie und Kosten führt”, so Weinhardt.
Die Erfahrung aus vergleichbaren anderen Projekten hätten gezeigt, dass es nach einem ersten Start im Laufe der Jahre immer weitere Einschränkungen geben werde, bis hin zur Nullnutzung. “Diverse Aussagen aus der Politik bestätigen diese Gefahr”, fürchtet Weinhardt, der für den VDWS mit am Tisch sitzt.
In der Wassersport-Szene hat sich inzwischen ein massiver Protest formiert: Neben der großen Online-Petition gibt es eine eigene Webseite mit allen Infos und den neuesten Berichten. Zudem haben die Initiatoren des Treffens ins Kiel einen Infoflyer unter dem Motto “Mehr Schutz für die Natur - Ja! Nationalpark Ostsee - Nein!” erstellt, um eine möglichst breite Öffentlichkeit auf die Problematik aufmerksam zu machen. Dieser Flyer wurde unter anderem auf dem Surf-Festival auf Fehmarn verteilt, dort waren auch zahlreiche Plakate zu sehen. Vincent Langer surfte zudem rund um Fehmarn, um gegen die Pläne zu protestieren - um nur einige der Aktionen zu nennen.
Tobias Goldschmidt hat bereits 2022 erste Pläne für einen „Nationalpark Ostsee“ vorgestellt. Er soll die verschiedenen Natur- oder Vogelschutzgebiete an der Ostsee verbinden und zugleich „ihren Schutz vertiefen“, wie der Grünen-Politiker sagt – damit es der Ostsee „zukünftig wieder besser geht“. Für den Wassersport könnte das massive Einschränkungen mit sich bringen, denn Teil eines Nationalparks sind sogenannte Nullnutzungszonen, in denen Wassersport, Schifffahrt und Fischerei tabu wären. Die betroffenen Gebiete sind in einer Anfang des Jahres veröffentlichten “Potenzialkulisse” zu sehen.
In einem Nationalpark müssten mindestens 50 Prozent der Fläche der Natur überlassen werden – ähnlich wie es beim Nationalpark Wattenmeer der Fall ist, der rund 300.000 Hektar größer ist als das Potenzial an der Ostsee. Das Ministerium erhofft sich von dem neuen Nationalpark „einen echten Attraktivitätsschub“ für die Ostseeküste und „enorme Chancen für den Tourismus und die Wirtschaft“, wie Goldschmidt dem Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlag sagte.