SUP & The CityWien

SUP & The City: WienFoto: Stefan Csaky
SUP & The City: Wien

Wien ist Sinnbild des lässigen Lebens. Zwischen beeindruckender moderner und historischer Architektur, garniert von idyllischen Donau-Auen, lebt hier anscheinend jeder nach dem Motto „Paddeln und Paddeln lassen“.

Es ist nach unserem letzten Städte-Trip durch Berlin kaum zu glauben. Dort gab es nicht einen Ort ohne meckernde Menschen. Hier paddeln wir bereits einen dreiviertel Tag mitten durch die Stadt und kein Mensch hat gesagt, dass wir irgendwo nicht paddeln dürften. Das Wiener Publikum schaut nur – und wendet sich dann wieder seinen eigenen Dingen zu. Doch zurück zum Anfang unseres Trips, am „österreichischen Amazonas“. Die durch Wien fließende Arterie ist die Donau, Europas längster Fluss.

Dort starteten wir unsere Reise – ein Stück außerhalb von Wien – in grünen und idyllischen Donau-Auen. Als Stefan und Manu, die Wiener Locals, uns zu diesem Ort brachten, fühlte ich mich eher wie auf einem Erkundungsabenteuer als auf einer Stadtrundfahrt, aber das zeigt die Vielfalt der Szenerien rund um Wien. Die Donau hat hier zwei Abschnitte – auf der einen Seite fließt sie als majestätischer Fluss, der große Schiffe transportiert – auf der anderen Seite spaltet sie sich in unzähligen kleinen Armen und Bächen, die grüne Inseln mit Bäumen, Büschen und großer Vegetation voneinander trennen. Es hätte kein entspannterer Anfang sein können, bevor man in die Metropole Österreichs eindringt.

  Der reinste Urwald erwartet dich  in den Donau-Auen.Foto: Stefan Csaky
Der reinste Urwald erwartet dich in den Donau-Auen.

Nach diesem Natur-Trip ging es für uns an die „Alte Donau“ – ein Teil des Flusses, der nicht mehr fließt und nicht mehr mit der Donau verbunden ist. Dieser Teil wurde um 1875 abgetrennt, um Überschwemmungen zu vermeiden.

Unser jährlicher Städtetrip führte uns dieses Jahr nach Wien, weil es wie ein kulturelles Herz in der Mitte Europas pulsiert, als UNESCO-Weltkulturerbe und eine der am höchsten eingestuften Städte der Welt für Lebensqualität. Wenn man durch die Wiener Geschichte liest, ist es unglaublich, welche Bedeutung die Stadt in den vergangenen Jahrhunderten hatte und noch hat. Wenn es um Musik, Kunst, Wissenschaft oder Politik geht, war Wien mit seinen Einwohnern seit Jahrzehnten einflussreich. Die Meister der klassischen Musik, wie Beethoven, Strauss, Mozart, Brahms und viele andere lebten und arbeiteten in Wien. Im Jahr 1913 lebten aber auch Hitler, Trotzki, Tito, Stalin und Sigmund Freud alle nur wenige Kilometer voneinander entfernt im Zentrum der Stadt. Nach Sigmund Freud, Gründer der Psychoanalyse, wird Wien nicht nur als Stadt der Musik, sondern auch als Stadt der Träume betrachtet.

Unsere Crew auf diesem Trip war eine bunte Mischung der deutschsprachigen Extreme: Zwei Einheimische aus Wien und zwei Norddeutsche aus Hamburg. Beide teilen eine ganz besondere Liebe zu ihrem Zuhause, während sich das Wetter, die Stimmung und nicht zuletzt auch die Sprache in der jeweiligen Heimat wirklich voneinander unterscheiden. Lena und ich – der norddeutsche Teil – brauchen salzige Luft, Möwen, Nord- und Ostsee. Manu, unser Video-Mann, und Stefan, der Fotograf, sind beide überzeugt, dass Wien – obwohl weit weg von jedem Ozean – der beste Ort auf der Welt ist. Nach einem aufregenden Tag beim Paddeln und Wandern durch die österreichische Hauptstadt muss ich sagen, dass ich deren Liebe zu ihrem Zuhause verstehen kann.

  "Die Wiener lassen sich durch ein paar Paddler nicht aus der Ruhe bringen. Selbst bei unserer Nachttour, mitten in der Stadt vor der Karlskirche, schauten sie nur – und ließen uns unser Ding machen."Foto: Stefan Csaky
"Die Wiener lassen sich durch ein paar Paddler nicht aus der Ruhe bringen. Selbst bei unserer Nachttour, mitten in der Stadt vor der Karlskirche, schauten sie nur – und ließen uns unser Ding machen."

Die „Alte Donau“, auf der unser Trip weiterführt, ist von Hunderten von schönen, kleinen Häusern umgeben, von denen einige dauerhaft bewohnt sind, andere teilweise als Ferien- oder Wochenendhäuser genutzt werden. Gleich neben dieser idyllischen Kulisse und in ständiger Präsenz steht die beeindruckende Skyline der Donau-City am Horizont: mit ihren Büros vieler Abteilungen der Vereinten Nationen und anderer internationaler Organisationen. Natürlich hatten wir unsere Reise im Einklang mit einer ausgezeichneten Vorhersage der perfekten Sommersonne geplant, also mussten wir wohl oder übel auch die textile Freizügigkeit der Wiener auf der Insel erleben, die wir umrundeten: mit der größten Ansammlung von Nudisten, die ich in meinem Leben gesehen hatte. Nachdem wir Hunderte von Metern entlang nackter Menschen im Gänsehäufel-Bad, einem Badeplatz für bis zu 30.000 Menschen, passiert hatten, machten wir kurz Halt im „SUP Center Wien“, bevor auch wir eine erfrischende Abkühlung genossen im Wasser der Alten Donau.

Am frühen Nachmittag brachten uns Stefan und Manu in die Stadt. Wir besuchten das Museumsviertel mit seinen zahlreichen Museen, wie das Museum für zeitgenössische Kunst. Danach haben wir recht übermütig die Herausforderung angenommen, auf dem schnell fließenden Donau-Kanal mitten in Wien zu paddeln, der eigentlich ein Seitenarm der Donau selbst ist und daher mit recht guten Geschwindigkeiten fliesst. Diese Aufgabe ist nichts für Unerfahrene, denn die Strömung ist fast zu stark, um gegenan zu paddeln, dazu passieren Fähren den Kanal, darunter der Twin-City-Liner, eine Hochgeschwindigkeitsfähre, die Wien mit der nahe gelegenen Stadt Bratislava in der Slowakei verbindet. Wir hielten uns die meiste Zeit direkt an den Seitenwänden, wo die Strömung schwächer war und konnten etwas Boden gutmachen.

  Im Donau-Kanal ist mächtig was los.Foto: Stefan Csaky
Im Donau-Kanal ist mächtig was los.

Nach etwa 500 Meter stromaufwärts, bogen wir in die Mitte des Kanals ab und waren in wenigen Sekunden wieder an unserem Ausgangspunkt zurück. Auf beiden Seiten des Kanals sind die Wände mit Graffiti besprüht und die Gehwege mit städtischem Treiben, mit Joggern und Skatern gefüllt. Wir haben Leute aus der ganzen Welt getroffen, die an den Seiten saßen und mit einem Drink die Sonne genossen. Es dauerte nicht lange, bis auch wir dachten, dass es eine ausgezeichnete Idee wäre, unsere Boards zu einem Strandclub direkt am Wasser zu steuern und bei einem Drink den Tag zu genießen. Zum Stand-up-Paddeln würde ich den Donau-Kanal hier nicht unbedingt empfehlen. Abends musste ich – natürlich – ein Wiener Schnitzel bestellen, um das Klischee des deutschen Wienbesuchers perfekt zu machen. Und übrigens, das Schnitzel war unglaublich! Und wenn unsere Wiener Crew uns Deutsche nicht immer „Piefke“ und „Marmeladinger“ nennen würde, könnte ich die Stadt und die Leute wirklich lieben ... ;-) Ich werde auf jeden Fall wiederkommen!

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Foto: SURF Magazin
  Diesen Artikel bzw. die gesamte Ausgabe SUP 1/2018 können Sie in der SURF App (<a href="https://www.delius-klasing.de/digital" target="_blank" rel="noopener noreferrer nofollow">iTunes und Google Play</a> ) lesen – die Print-Ausgabe erhalten Sie <a href="https://www.delius-klasing.de/sup-special-01-2018-sup-2018-01" target="_blank" rel="noopener noreferrer nofollow">hier.</a>Foto: Jeremie Tronet
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