KaufberatungDein erstes Wave-SUP-Board

Stephan Gölnitz

 · 29.09.2022

Kaufberatung: dein erstes Wave-SUP-BoardFoto: Hersteller

Wer krasses Fahrkönnen mitbringt, fährt mit einem winzigen Wave-SUP-Board im Shortboard-Style natürlich radikaler als mit jedem Wide Body oder Longboard. Aber auch nur dann, wenn obendrein die Welle schnell und kraftvoll schiebt. Für typische Urlaubs-Waver bringt dagegen mehr Volumen meist nur Vorteile: Mehr gesurfte Wellen und weniger Frust.

Während du bei manchen Sportarten auf Profi-Material kaum Nachteile befürchten musst – mit einem Weltmeister-Downhillbike fährst du auch deinen kleinen Dorfhügel komfortabel und sicher runter – wird es beim Skifahren mit einem World-Cup-Slalomski für Hobby-Fahrer schon fast gefährlich. Und beim SUP-Surfen kann ein Freizeitpaddler mit den Boards der Profis unter Umständen keinen einzigen Meter paddeln.

Wer sich als Einsteiger am Material der besten SUP-Surfer am Strand orientiert, kauft garantiert verkehrt. Denn nur mit vielen gesurften Wellen kannst du dich verbessern. Auf die eine super Welle mit dem radikalsten Board zu hoffen, bleibt hoffnungslos. Doch nur genügend Volumen und ein weniger radikal ausgelegter Shape mit ausreichend Breite ermöglichen möglichst viele Wellenritte und guten Lernerfolg – und oft auch dauerhaft mehr Spaß. Nach vielleicht einmaligem Wechsel sind selbst engagierte, aber reine Urlaubs-Paddler mit Boards mit mindestens 40 bis 50 Liter über Körpergewicht gut beraten.

Einige ebenfalls gut geeignete Wave-SUP-Boards – wie hier das JP-Australia Fusion – finden sich bei den Herstellern manchmal etwas versteckt unter den Allroundboards einsortiert.Foto: Alan van Gysen
Einige ebenfalls gut geeignete Wave-SUP-Boards – wie hier das JP-Australia Fusion – finden sich bei den Herstellern manchmal etwas versteckt unter den Allroundboards einsortiert.

Dimitri Lehner zum Beispiel. Er ist beruflich sportlich unterwegs als Chefredakteur beim Freeride-Magazin und im Herzen Waterman. Doch auch viel Wassersporterfahrung schützt nicht vor Erfahrungen mit zu kleinen Boards: „Ich hatte mir eigentlich gleich das richtige Wave-SUP gekauft, das ich auch heute noch besitze“ erzählt er „ein nicht zu schmales 9‘2‘‘er mit 140 Litern“. Doch im Urlaub, auf Fuerte und auch auf Hawaii, landete er auf Leihboards seiner Kumpel vor Ort. „Einmal war das so ein 105 Liter-Gun-Shape, so ein richtiges Kai-Lenny-Board“, erinnert sich Dimi. „Da bin ich genau einmal rausgepaddelt und dann so oft runter gefallen – das war eine einzige Wackelpartie. Viele glauben, man bräuchte auf der Welle das ultimative Performance Board. Man paddelt dann aber als Nicht-Profi nur wie verrückt umeinander, weil man nicht auf der Stelle stehen kann. Oft ist die Welle dabei einfach unter mir durchgerollt. Oder ich hatte die super Welle – und bin dann runter gefallen. Eigentlich alle Vorteile, die man mit dem SUP hat – dass man im Line-up auch mal entspannt steht und die Stimmung genießt zum Beispiel – waren futsch.“

Dimitri Lehner: „Viele glauben, man bräuchte auf der Welle das ultimative Performance Board. Und dann paddelt man darauf die ganze Zeit wie verrückt, nur um nicht runter zu fallen.“  
Dimitri Lehner, 75 KiloFoto: Christoph Malin
Dimitri Lehner: „Viele glauben, man bräuchte auf der Welle das ultimative Performance Board. Und dann paddelt man darauf die ganze Zeit wie verrückt, nur um nicht runter zu fallen.“ Dimitri Lehner, 75 Kilo

Auch Josh Welz, als ehemaliger Chefredakteur des Windsurfmagazins „surf“ – heute von E-MTB – sicherlich gründlich mit allen Wassern durchgewaschen, hat sich beim SUP-Board zwar nach und nach verkleinert – um am Ende aber doch wieder „einen Gang zurückzuschalten“. Trotz regelmäßiger Gelegenheit, in guten Atlantikwellen zu surfen, war die letzte Stufe, ein Board mit knapp über 100 Litern im Short Board Style eine Nummer zu stressig. „Dafür muss man extrem geübt sein, das ist sehr wackelig, vor allem bei Strömung bringt man unwillkürlich immer mal wieder ein Rail ins Wasser und dann zieht es die Kante nach unten, dreht das Board einfach um. Man muss auch ständig mit dem Paddel ausgleichen und von rechts nach links die Seite wechseln.“ Das Anpaddeln auf schmalen, durchgebogenen Boards unter acht Fuß erfordert tatsächlich optimales Timing. Du stehst dabei vor dem Anpaddeln, idealerweise schon im „Surf Stance“ quer zur Welle und hast dann zwei Schläge, um die Welle im richtigen Winkel zu erwischen.

„Je kürzer das Board ist, desto weniger Paddelschläge hast du beim Anpaddeln zur Verfügung. Mit ganz kurzen Boards ein, zwei Schläge, dann drehst du dich schon wieder aus der Welle raus.“
 - Josh Welz, 83 KiloFoto: privat
„Je kürzer das Board ist, desto weniger Paddelschläge hast du beim Anpaddeln zur Verfügung. Mit ganz kurzen Boards ein, zwei Schläge, dann drehst du dich schon wieder aus der Welle raus.“ - Josh Welz, 83 Kilo

Ein gemäßigter Shape über neun Fuß läuft dagegen wie auf Schienen und erlaubt dir auch den Fußwechsel vom parallelen Stand in Surf Stance erst nach dem Anpaddeln. Joshs Wellen-Einstieg begann auf einem Fanatic Fly 9‘6‘‘ (etwa 150 Liter). „Das ist ein voluminöser, eher moderater Longboard-Shape mit rundlicher Nase, allerdings nicht allzu breit. Das war super zum Anpaddeln, weil es nicht so schnell wegdreht wie die kürzeren Boards. Easy zu surfen, hat total Spaß gemacht. Du fährst natürlich längere Turns, aber kannst sogar in größeren Wellen von zweieinhalb bis drei Meter damit fahren. Der Umstieg auf ein Fanatic Pro Wave 8‘10‘‘ (etwa 125 Liter) mit dünnerem Heck, tat später gar nicht so weh. Das kann man schon ein bisschen wie ein Short Board fahren, es ist dabei aber noch recht easy und kippstabil, weil im Standbereich breiter (30,5 Inch). Der Umstieg auf das 8‘3‘‘er Jimmy Lewis mit knapp über 100 Liter – für hohe, schnelle Wellen auf Fuerte – war dagegen extrem hart. Du kriegst einfach viel weniger Wellen ab. Auch für fortgeschrittene Intermediate Paddler, die immer nur ein paar Mal im Jahr surfen, würde ich bei meinem Gewicht mindestens 120 Liter empfehlen. Für Einsteiger gilt sogar je größer, desto besser. Ich würde nicht unter neun Fuß gehen. Spaß wirst du mit einem größeren Board auf jeden Fall genug haben.“

Neben Länge, Breite und Volumen spielt auch der Board-shape – also vor allem die Outline, die Aufbiegung und Volumensverteilung – eine ebenso große Rolle.

Patrick Supper arbeitet im Naish-Boardvertrieb und kann auch auf ein halbes Jahr „remote work“ auf den Kanaren mit reichlich Surfzeit zurück blicken. „Meine allerersten Ritte hatte ich auf einem 9‘5‘‘er Mana, 32‘‘ breit, ein klassisches, kompaktes Wide Body Board mit 190 Liter, aber vom Shape her wellentauglich. Mit 70 Kilo konnte ich schnell auf das gleiche Modell als 9‘0‘‘er mit 140 Liter wechseln, damit war ich das erste Jahr wirklich gut unterwegs. In meiner dritten Saison wurde es dann kleiner - zuerst ein Hokua Waveshape mit 120 Liter bis ich final bei einem 7‘6‘‘er High Perfomance Shape mit 97 Liter gelandet bin. Ich wollte richtige Turns in die Welle zirkeln, war zu der Zeit auch einen kompletten Winter auf Gran Canaria und war jeden Tag auf dem Wasser.

„Mit einem Mana 9‘0‘‘ mit 140 Liter war ich das erste Jahr sehr gut unterwegs.“ 
Patrick Supper, 70 KiloFoto: Frithjof Blaasch, bulgenslag.de
„Mit einem Mana 9‘0‘‘ mit 140 Liter war ich das erste Jahr sehr gut unterwegs.“ Patrick Supper, 70 Kilo

Zurück in Deutschland habe ich dann gewechselt, bin aber beim gleichen Volumen (95 Liter) geblieben aber auf einen 7‘0‘‘er Stubby-Shape mit breitem Heck und breiter Nase. Daran bin ich jetzt hängen geblieben. Beim SUP hast du ja grundsätzlich den Vorteil, dass man große runde Wellen nehmen kann und sich auch mit dem Paddel auf der Welle immer wieder neu positionieren kann. Du kannst in flacheren Sektionen fahren – wenn du ein entsprechendes Board mit flacher Rockerlinie hast. Mit Performanceboards musst du immer im steilen Bereich fahren. Du musst immer die Energie aus der Welle holen, das geht nur mit sehr hohem Fahrkönnen.

Mit flacherer Scoop-Rocker-Linie und breiterem Heck kannst du dagegen auch problemlos weiter vor der Welle fahren und auch eine rundere Welle problemlos surfen. Ohne entsprechendes Fahrkönnen bist du mit dem radikalen Shape immer im Nachteil.“ Für einen engagierten Flachwasserpaddler ohne jegliche Surferfahrung, empfiehlt „Paddi“ in seiner Gewichtsklasse ein Wide Body Board mit ca. 140 bis 160 Litern. „Ein breites Heck ist dabei immer gut, dann kann man auch auf eine etwas geringere 30er oder 31er Breite gehen. So wie unser 8‘10‘‘er Mana GTW Custom. Das findet man aber bei den Allroundern und gar nicht bei den Wave SUPs. Aber beim SUP haben ja die meisten Boards im Allroundbereich aus der Historie heraus immer auch eine Waveeignung.“

Überraschenderweise sind solche Shapes für Waveeinsteiger besser geeignet als die noch längeren „Longboards“. „Boards wie unser Nalu 10‘0‘‘– das sind schmale, reine Performance-Longboards, da ist das Heck stark aufgebogen. Die sind schmal und um ein vielfaches kippeliger. Wenn viel Länge zwar gut ist, ist eine flachere Rockerlinie aber noch wichtiger. Ein 8‘10‘‘er mit flacher Rockerlinie geht früher los als das längere Performanceboard mit viel Rocker. Und du kannst das Board auch mit weniger gutem Fahrkönnen sicherer und schneller drehen. Das wichtigste für den Einsteiger ist nach meiner Erfahrung einfach eine super gute Standsicherheit. Du bist nach einer Stunde im Line-up eh schon komplett im Eimer, musst dich ständig orientieren und positionieren, da sind ja auch noch andere Leute wie Wellenreiter. Jedes Inch, das du dir dann an Breite gönnst – und damit an Kippstabilität – verkürzt die Lernkurve ungemein.“ Bei 85 bis 90 Kilo empfiehlt Patrik einen Mana GTW 9‘5‘‘ mit 163 Liter und für richtig Schwergewichte sogar einen 10‘0‘‘er mit 190 Liter. „Damit kann man sogar ein bisschen auf dem See rumschippern. Und mit einem Mana mit 140 Liter – ich hab das in Agadir ausprobiert – kann man auch runde Wellen bis zweieinhalb Meter surfen. Das ist anders als mit einem Performance Shape, aber es geht.”

Board-Parade: die verschiedenen Wave-SUP-Boards

Performance-Longboards (1: Naish Nalu) sind schmal (unter 30 Inch) und für Einsteiger keine gute Wahl. Auch wegen meist sehr viel Aufbiegung im Heck („Rocker“) sollten diese nur von erfahrenen Wellenpaddlern in schnellen Wellen gesurft werden.

Das betrifft ebenso die ganz radikalen Short Boards (4: RRD I-Wave 8’4” Ltd.), oft mit spitzer Nase und schmalem Heck und ebenfalls viel Durchbiegung in der gesamten Gleitfläche.

Für Hobby-Wellenreiter bleiben vor allem kompakte, breitere Shapes (”Stubbies“) zwischen 8‘2‘‘ und 8‘10‘‘ mit etwa 30 bis 32 Inch Breite interessant (2: Fanatic Allwave SUP) oder auch die etwas gestreckteren Formen, die man teilweise als Allround-Boards findet (3: JP-Australia Fusion We 9’8” Surf SUP), die meist 9‘2‘‘ bis 10‘0‘‘ lang und ebenfalls um die 30 bis 32 Inch breit sind.

1 Performance-Longboard  Naish Nalu, 2 Stubbie-Shape Fanatic Allwave SUP, 3 Allroundboard  JP-Australia Fusion We 9’8” Surf SUP, 4 Short Board RRD I-Wave 8’4” Ltd.Foto: Hersteller
1 Performance-Longboard Naish Nalu, 2 Stubbie-Shape Fanatic Allwave SUP, 3 Allroundboard JP-Australia Fusion We 9’8” Surf SUP, 4 Short Board RRD I-Wave 8’4” Ltd.